Für manche Menschen – viel mehr, als du vielleicht denkst – bedeuten die glitzernden Lichter und die Gedanken an Familientreffen vor allem eines: Unbehagen und Anspannung. Deshalb möchte ich dir ein paar Gedanken und Tipps mitgeben, wie du die Feiertage bestmöglich genießen kannst und dabei Ängste und Stress reduzierst. Teile diese Worte gerne mit einer Freundin oder einem Freund, die sie ebenfalls hören sollten.
Familientreffen: Warum wir in alte Rollen zurückfallen
Bei Familientreffen neigen viele Menschen dazu, in die alten Rollen zurückzufallen, die sie als Kinder übernommen haben – einfach, weil diese vertraut sind. In der Psychologie sprechen wir oft davon, dass jedes Kind in einer Familie eine dieser vier Rollen einnimmt, um geliebt zu werden und sich geliebt zu fühlen:
Der Kluge
Der Kranke
Der Unruhestifter
Der Unterhalter
Welche dieser Rollen hast du als Kind übernommen?
Diese Rollen wählst du nicht bewusst, sondern unbewusst. Sie dienen dazu, Liebe und Akzeptanz in deiner Familie zu sichern. Dabei ist es wichtig zu verstehen: Die meisten Menschen wachsen in einem Zuhause auf, in dem die Eltern ihr absolut Bestes geben, um ihre Kinder zu lieben und zu versorgen. Aber auch sie handeln oft unbewusst, geprägt durch Muster aus ihrer eigenen Familie und vorherigen Generationen.
Das bedeutet, dass diese Muster oft tief in uns verwurzelt sind und über Generationen hinweg weitergegeben wurden. Aber: Du hast die Möglichkeit, diese Muster zu durchbrechen. Der erste Schritt ist, dir deiner Rolle bewusst zu werden, ihre Bedeutung in deinem Leben zu verstehen und sie schließlich loszulassen. So kannst du dich in dein wahres Selbst verwandeln – ohne dich verbiegen zu müssen, um besser in die Vorstellungen anderer zu passen.
Feiertage: Alte Muster treffen auf hohe Erwartungen
Wenn du für die Feiertage nach Hause kommst, wirst du wahrscheinlich wieder in die Rolle des Kindes schlüpfen, das du früher warst. Alte Familiendynamiken werden reaktiviert, und die Menschen um dich herum drücken genau die Knöpfe, die sie immer gedrückt haben. Die Feiertage bringen oft viel emotionalen Druck mit sich, und das macht es nicht einfacher.
Die Werbung malt uns ein Bild von perfekten Feiertagen: Harmonie, Lachen, wunderschöne Fotos, Glück und Freude. Natürlich wünschen wir uns, diese perfekte Idylle zu erleben. Doch solche hohen Erwartungen führen fast zwangsläufig zu Enttäuschungen, weil jeder mit seinen eigenen Vorstellungen kommt.
Hinzu kommt, dass die Person, die du heute bist, möglicherweise nicht mit der übereinstimmt, wie deine Familie dich in Erinnerung hat. Alte Wunden, die oft unabsichtlich durch fehlende Kommunikation entstanden sind, oder unterschiedliche Lebensansichten können schnell Spannungen hervorrufen – die perfekten Zutaten für einen emotionalen Sturm.
Manche versuchen, sich davor zu schützen, indem sie sich vornehmen: „Wenn XYZ passiert, sage ich dieses Mal genau, was ich denke!“ Doch je mehr du dich auf XYZ konzentrierst, desto wahrscheinlicher ist es, dass du XYZ tatsächlich wahrnimmst – und das wird emotional anstrengend.
Stressfreie Feiertage: Anleitung für ruhige und friedliche Festtage
1. Lass die Kontrolle los
Kontrolle existiert nicht wirklich. Sonst würdest du nie im Stau stecken, krank werden oder Regen haben, wenn du ein Picknick geplant hast. Dennoch klammern wir uns an die Illusion, Dinge kontrollieren zu können, weil uns die Unsicherheit Angst macht.
Das führt oft dazu, dass wir versuchen, unsere Meinungen, Ansichten und Gefühle anderen aufzuzwingen – in dem Glauben, dass wir es besser wissen. Aber auch die anderen denken genauso und versuchen, uns ihre Sichtweisen aufzudrängen.
Gib die Kontrolle auf. Akzeptiere, dass es während der Feiertage Streit oder Meinungsverschiedenheiten geben könnte. Du hast die Wahl, dich darauf einzulassen – oder es loszulassen. Wenn die Spannung steigt, zieh dich zurück. Geh an die frische Luft, mach einen Spaziergang. Das wird deinen Kopf klären und dein Nervensystem beruhigen.
Akzeptiere, dass du und die andere Person vielleicht nie einer Meinung sein werdet, und das ist in Ordnung. Du hast die Freiheit, dein Leben so zu leben, wie du möchtest – und sie ebenfalls. Solange du mit deinen Entscheidungen glücklich bist, verlieren die Kommentare anderer ihre Macht.
2. Deine Gedanken steuern dein Erleben
Deine Gedanken beeinflussen deine Gefühle. Deine Gefühle bestimmen deine Handlungen. Deine Handlungen verstärken deine Gedanken.
Wähle deine Gedanken mit Bedacht. Setze dir die Intention, ruhig und präsent zu bleiben, ohne dich an ein bestimmtes Ergebnis zu binden. Perfektion ist unerreichbar und verursacht nur unnötigen Stress. Akzeptiere, dass „gut genug“ völlig ausreichend ist, und lass dich von spontanen Momenten überraschen – sie ergeben oft die schönsten Erinnerungen.
3. Bleibe im Moment
Wenn wir uns zu sehr in unseren Gedanken oder Erwartungen verlieren, verpassen wir die kleinen, echten Momente. Die Feiertage sind nicht in erster Linie für Geschenke oder das perfekte Essen da – sie sind eine Zeit, um mit Menschen zusammen zu sein, die wir lieben und schätzen.
Unsere gemeinsame Zeit ist unendlich kostbar. Dekorationen oder Menüs geraten in Vergessenheit, aber die Erinnerungen, die wir gemeinsam schaffen, bleiben für immer.
4. Frage nach Unterstützung
Wer ist der „Unterhalter“ bei dir in der Familie? Sprich dich ab und bitte die Person, auf dein Zeichen hin, dir mit Humor oder einer Anekdote beizustehen, wenn die Stimmung angespannt wird. Bitte deinen Partner oder deine Partnerin um Hilfe, wenn du merkst, dass du dich emotional verlierst.
Setze dir Erinnerungen auf deinem Handy, um regelmässig bei dir selbst einzuchecken. Brauchst du gerade eine Pause oder frische Luft? Nutze Meditationen, um geerdet zu bleiben. (Ich habe eine speziell für die Feiertage auf Englisch – hör sie dir gerne an.)
Für alle, deren Herz schmerzt
Für diejenigen unter uns, die jemanden verloren haben, können die Feiertage besonders schwer sein. Wir trauern um alte Traditionen und geliebte Menschen, während wir versuchen, präsent zu bleiben.
Es ist okay, den Schmerz zu spüren. Es bedeutet nicht, dass du die Gegenwart nicht schätzt. Finde Wege, deine Lieben zu ehren – ob durch das Beibehalten alter Traditionen oder das Schaffen neuer Rituale.
Wie auch immer du die Feiertage verbringst, ich wünsche dir Liebe, Geduld und Frieden. Von meinem Herzen zu deinem: Frohe Festtage und alles Gute für 2025!
Herzlich, Alexandra
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